Sonntag, 17. April 2016

Zweites Wochenende: Lake Naivasha & Hell's Gate

Ein erstes Résumé nach 2 Wochen: Nicht anders als zu erwarten ist Kenia ein tolles Land und die Kenianer tolle Menschen. Einheimische freuen sich, wenn man ihnen zulächelt, und machen große Augen, wenn man ihnen mit ein klein wenig Kiswahili begegnet. Die Kinder strahlen einen an, sind sie in Grüppchen, trauen sie sich dem "Mzungu" (dem Weißen) "Hawayuu" (How are you) zuzurufen.

Oft werde ich nach Vergleichen mit den Philippinen gefragt. Das finde ich irgendwie schwierig und kann es nicht wirklich vergleichen. Auf den Philippinen war ich in den "Rolling Clinics" auf der Insel Mindoro unterwegs gewesen, wo wir jeden Morgen mit dem Wagen in die ländlichsten Regionen weit weg von jeglicher Zivilisation fuhren. Patienten waren die Eingeborenen, die Mangyans, die meist vertrieben von den Lowlanders im tiefen Dschungel in den Bergen wohnten. Ich war der alleinige Arzt mit 4 einheimischen Mitarbeitern (Übersetzerin, Apotheker, Admission, Fahrer). Außer den 5 Sinnen hatte ich keine weitere Diagnostik zur Hand. Nach Feierabend ging es zurück zur Unterkunft an der Küste, wo es wiederum mehr Betrieb gab und ich mich bis zum Abend unter die Einheimischen mischen konnte und die Kultur besser kennenlernte. (Damaliger Blog: www.maniladocs.blogspot.com).

Hier in Nairobi ist alles etwas anders. Hier sind wir mitten in der Hauptstadt Kenias. Hier bedeutet arm sein nicht, eine Bambushütte im satten Grün mit Vieh vor der Tür zu unterhalten, sondern auf engstem Raum im Slum zu hausen und seinen Kot in Plastiktüten zu entsorgen. Im umzäunten Block nebenan zu sehen, dass es anderen Menschen in ihren Villen besser geht. Man wird bereits vorher wiederholt ermahnt, dass es nicht sicher sei in Nairobi, man am besten nur mit dem Taxi von A nach B fährt und bei Dunkelheit eh zu Hause bleibt. Das German Doctors T-Shirt sei eine Art Lebensversicherung im Slum.

Wie sind die Menschen? Wie ist die Mentalität? Wie ist es insgesamt im Vergleich zu den Philippinen? Diese Fragen erreichen mich die letzten Tage immer wieder und ich muss sagen, ich weiß es (noch) nicht. Ich habe mich noch nicht so wirklich unter die Leute mischen können. Im Unterschied zu den Philippinen sind wir hier insgesamt 6 deutsche Ärzte, die zusammenwohnen. Nach der Arbeit gehe ich oft ins Gym zu Stevo, was mir vor allem deswegen Spaß macht, weil es im Slum ist und ich unter den Leuten bin. Und hier fühlt man sich auch sicher. Wenn irgendwo etwas passieren sollte, würde ich als erstes Stevos Nummer wählen. Danach geht's heim; falls noch nicht dunkel, zu Fuß, ansonsten mit einem  Piki Piki (Motorradtaxi). Um 19 Uhr wird gemeinsam in der Unterkunft gegessen, was unsere Köchin Stella vorbereitet hat, und dann geht's irgendwann nach etwas Handystöbern, Telefonieren und Lesen ins Bett.

Mehr von Nairobi habe ich noch nicht gesehen (ein paar Malls für Besorgungen). An den bisherigen 2 Wochenenden fuhren wir raus aus der Stadt in die Natur; Kurzsafaris. Hier waren alle immer unglaublich nett. Die Bedienung erwartungsgemäß sehr devot und zuvorkommend. Gäste sind meist Weiße, Inder oder wohlhabende Kenianer.

Wie sind die Leute in den Slums? Die Kinder sind sehr neugierig. In der Gruppe trauen sie sich - wie gesagt - einem zuzurufen und aus der Ferne herumzuspaßen. Kommen sie einzeln als Patient mit Eltern ins Untersuchungszimmer, kann es sehr unterschiedlich sein. Da gibt es die einen, die neugierig mit großen Augen hinter der Mama hereinkommen, während der Untersuchung Terz machen und nach der Untersuchung mit Tränen in den Augen zum Abschied winken und einem doch noch ein Lächeln schenken. Die meisten sind allerdings sehr tapfer. Da sind viele unserer Kinder eindeutig verzogener. Die Erwachsenen sind recht scheu. Oft wird erst einmal gar nicht gegrüßt sondern direkt mit der Übersetzerin Kontakt aufgenommen. Spreche ich sie dann jedoch direkt an, folgt häufig ein scheues Lächeln und sie freuen sich.  Zum Abschied bedanken sie sich und huschen scheu wieder hinaus. Die Kleineren (und auch die Größeren) freuen sich, wenn man ihnen die Faust hinhält, und schlagen mit der Faust ein.

Auf die Frage, wie Kenia, Nairobi und dessen Menschen sind, kann ich noch nicht wirklich antworten. Ich lasse noch alles auf mich wirken. Insgesamt kann ich aber von nichts schlechtem berichten. Alle sind offen und herzlich gewesen und alles schlechte, was bisher berichtet wurde, kenne ich nur über Erzählungen. Selber habe ich bislang ausschließlich positive Erfahrungen sammeln können.

Das Wetter ist so, dass ich während der Arbeit lange Hose und T-Shirt trage und in der Freizeit Shorts. Klima ist angenehm, nicht zu heiß, nicht zu schwül. Ab und zu regnet es kurz, war bisher aber auch kaum der Rede wert.

Zum Essen: morgens toasten wir uns Toastbrot, beschmieren uns die mit Butter und legen uns Tomaten drauf. Manchmal haben wir Avocados zum beschmieren. Banane, Müsli und Joghurt gibt es auch. Dazu gibt es Tee und Instantkaffee. Zu Mittag bekommen wir 2 weiße ungetoastete Doppeldeckertoastbrote beschmiert mit Butter und belegt mit Tomate. Manchmal gibt's ein Ei dazu. Zum Nachtisch hat jeder 2 Bananen. Zum Abendessen gibt's Suppe, dazu macht die Köchin immer etwas mit Kohlenhydraten wie Reis, Nudeln oder Ugali (Maisbrei) und Gemüse (Karotten, Linsen, Krautzeugs). Schmeckt insgesamt alles lecker, meist allerdings nichts hervorstechend atemberaubendes. Gelegentlich gibt es Fleisch (Rind oft zäh, Huhn) oder Fisch. Insgesamt empfinde ich das Essen als nicht sehr exotisch, manchmal etwas salzfrei, dann wiederum auch wieder recht salzig. Insgesamt scheint die Küche allerdings auch sehr von der indischen Küche beeinflusst worden zu sein. Zum Nachtisch gibt es immer leckeren Obsalat mit Melone, Ananas und Mango, manchmal Papaya.

Zur Sprache: es macht Spaß, die Sprache der Einheimischen peu à peu zu erlernen. Auch wenn es nicht viel ist, die Leute freuen sich und fühlen sich wertgeschätzt. Man selbst freut sich und fühlt sich wertschätzend. Mein Wortschatz gleicht immer mehr dem Tagalog von den Philippinen. Zieh dich aus, mach den Mund auf, Schmerzen wo, Fieber, etc. Die Leute hier sprechen oft ein Mischmasch aus Kiswahili und Englisch. Kann man vielleicht ein wenig vergleichen mit der Sprache des Deutschtürken ("Saft mı istiyorsun Wasser mı?"). Und auch arabisch scheint einen großen Einfluss auf die Sprache Kiswahili gehabt zu haben. Viele Worte ähneln dem Türkischen (habari  - haber im Sinne wie geht's; kalem - Stift; dakika - Minute; zamani - früher).

Und zu guter Letzt: wie geht es mir eigentlich? Mir geht es sehr gut. Es ist schön, sich eine Auszeit vom Alltag nehmen zu können. Ein Land und dessen Menschen aus dieser Sicht kennenlernen zu dürfen, hier in dem Gebiet tätig zu sein, in dem man seit Jahren bereits in der Heimat tätig ist. Vieles was man kennt, hier weiter umsetzen zu können. Vieles was man eigentlich schon irgendwie kennt, hier noch ausgeprägter erleben zu können. Viel neues erfahren zu dürfen. Die Arbeit auf den Philippinen hat mich sehr beeinflusst auf meine Arbeit in der Klinik, vor allem im kinderärztlichen Notdienst. Aber nicht nur das Medizinische. Insgesamt denke ich, bereichert es einen menschlich immens, ohne klare Begriffe nennen zu können um das zu definieren.

Zum Medizinischen: Die Arbeit hier macht Spaß und ich finde sie nicht deprimierend. Man tut, was man kann, und das ist einiges. Was man nicht kann, wird entweder in ein Krankenhaus eingewiesen (akutes wie dislozierte Knochenbrüche oder andere Operationen) oder man kann halt nichts tun (das 6-jährige Kind konnte noch nie laufen und hat eine schlaffe Muskulatur). Dann ist das halt so. Man gibt sein bestes, aber die Welt retten wird man nicht. Und das weiß man auch. Und das ist in Ordnung. Beim Training mit Stevo gab es mal einen Spruch, der beim scheinbar grenzenlosen Steigern von Gewichten beim Bankdrücken geäußert wurde (neben den 2 Standardausdrücken "add!" und "strong!"), der auch super als Motto für die Tätigkeit hier insgesamt passt: "Whatever - just do it!"

Ich freue mich auf die nächsten weiteren Wochen im Projekt. Ich freue mich allerdings auch auf die Zeit danach, in der ich das Land noch etwas als Tourist bereisen darf. Mit dem wertvollen Hintergrund, bereits ein kleines Weilchen in Kenia "gelebt" zu haben. Und ganz besonders freue ich mich auf meine zwei Mütter und meine Frau, die diese wertvolle Zeit mit mir teilen werden.

Hier noch ein paar Eindrücke vom 2. Wochenende:

Dieses Wochenende sind wir zum Lake Naivasha gefahren.

Der Große Afrikanische Grabenbruch (englisch Great Rift Valley) ist eine Riftzone, die sich von Ostafrika nach Südwestasien erstreckt und durch die Spaltung der Arabischen Platte von der Afrikanischen Platte während der letzten 35 Millionen Jahre entstanden ist. Es wird angenommen, dass sich von der Afrikaplatte entlang des Grabenbruches eine neu entstehende Platte abtrennt, für die die Bezeichnung Somaliaplatte verwendet wird.


Safari auf dem Fahrrad


Safari per Boot


Safari zu Fuß

Hier in Hell's Gate wurde der Film "Tomb Raider 2" mit Angelina Jolie gedreht



 Unsere Bleibe


Unterwegs wurde ich gefragt, woher ich komme. Als ich antwortete "Turkey", sprach der Kenianer plötzlich türkisch mit mir. Daniel lebt in Kayseri und hat eine türkische Aufenthaltsgenehmigung.

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