Mittwoch, 27. April 2016

Vierte Woche - Nairobi Mathare Valley Slum

In dieser Woche durfte ich an einem Tag mit Rose, quasi einer Sozialarbeiterin, durch den Slum zu Hausbesuchen mit. Hier konnte ich einen Blick erhaschen, was sich hinter den Wellblechplatten befindet. Rose geht mit ein paar Community Helpern zu chronisch kranken Patienten, die meist HIV positiv sind und zusätzlich Tuberkulose haben, um zu schauen, ob die Medikation auch ordentlich eingenommen wird.

Die Behausungen waren recht unterschiedlich. Insgesamt war es ziemlich dunkel. Der Boden war einfach nur Erde, teilweise waren Fetzen von Linoleum ausgelegt. Wenn es draußen regnet, fließt es einfach durch. Fliegen fliegen über Essensresten. Unterschiedliche Gerüche kreuzen durch die Nase. Teilweise trennen nur Vorhänge die nächste Wohnung von der anderen. Von mehreren Ecken dröhnt laute Musik. Von der Privatsphäre von daheim ist man hier weit entfernt. Teilweise können die Leute gar nicht mehr laufen aufgrund einer Knochenbeteiligung oder Lähmung und sitzen quasi fest in diesem Loch. Mir fällt ein, dass wir den Leuten immer eintrichtern, ja viel zu trinken. Hier kommt mir dann der Gedanke, wie aufwendig es ist, Wasser zu holen, und dann auch wiederum seinen Toilettengang durchzuführen. Ab und zu rennen mal Kinder durch. Wie toll es ist, ein Kind zu sein, und sich draußen spielend die Zeit vertreiben zu können. Wie schrecklich es sein muss, hier drin festzusitzen und keine wirkliche Besserung in Aussicht zu haben.

In einer Behausung steht ein Bett, auf dem eine junge Mutter mit ihrem Kleinkind sitzt. Sehr viel mehr passt hier gar nicht rein. Auf dem Boden stillt eine weitere Mutter ihr Säugling. Dann kommt noch kurz ein Mann herein. Jetzt ist der ganze Raum eigentlich ausgefüllt. Als ich später Rose frage, wer hier alles wohnt, antwortet sie: alle. Wenn ich daran denke, mit welchen Themen ich mich gerade beim Neubau einer Eigentumswohnung im Stuttgarter Westen beschäftige, überkommt mich ein unangenehmes Gefühl.

Nicht nur Armut, sondern auch Krankheit befindet sich hinter diesen Türen. Die teilweise schwerkranken Patient müssen täglich unzählige Medikamente schlucken. Wofür das Ganze, fragt man sich. Weil sie sonst Kinder hinterlassen, um die sich dann niemand mehr kümmern wird. Oder weil sie Angehörige haben, die sie lieben und nicht loslassen möchten. Irgendeinen Halm müssen sie haben. Der Tag hinterlässt Spuren bei mir.


Ansonsten gab es in der Baraka wieder kunterbunte Mischungen an Hauterkrankungen, viel Malaria, einige Neudiagnosen von Sichelzellanämien.

Ein Kind hatte gelbe Augen, weswegen wir ein Blutbild gemacht haben bei dem Verdacht auf eine Sichelzellanämie.
Im Labor eine ausgeprägte Anämie (Hb 5,0 g/dl), allerdings keine Sichelzellen nachweisbar.

Die Kombination aus Anämie, Thrombozytose, Leukozytose, Sklerenikterus und wohl typischem Bauch hat uns allerdings so stutzig gemacht, dass der Sichzelltest wiederholt wurde.

In der Kontrolle dann eindeutiger Nachweis von Sichelzellen.

Weitere Kinder mit Anämien

Mangelernährungen
Ausgeprägter Marasmus. 3 Jahre alter Junge, 6,2 kg. HIV pos. und fieberhafter Infekt.


Kwashiorkor mit Eiweismangel-bedingten Ödemen im Gesicht...

... und an den Füßen

Pneumonien mit Tachydyspnoe, Einziehungen und Nasenflügeln



Verschiedene zystische Veränderungen...
... Hals medial


... Hals lateral

... unter der Zunge

... unter der Zunge

Pityriasis versicolor

Hautinfektion am Kopf

Verbrennung

Blasenbildung mit Eiter am Fuß

Hypospadie (Harnröhrenöffnung am Hodensack)

Unterarmbruch


Perichondritis



Klumpfuß

Windpocken

Und noch ein paar glückliche Kinder...

Sonntag, 24. April 2016

Drittes Wochenende: Einfach mal Nairobi

Dieses Wochenende sind wir einfach mal in Nairobi geblieben. Am Samstag hat uns Stevo eingeladen uns ein wenig durch die Stadt zu führen.

Auf den ersten Blick hatte die Stadt jetzt nichts wirklich atemberaubendes zu bieten. Insgesamt ist überall viel Verkehr, die Luft ist voller Abgase.

Im Anschluss sind wir zu einem Rugbyspiel mitgegangen und haben Stevo beim Raufen zugesehen.

Am Abend waren wir dann noch feiern. Musik vom Feinsten (R'n'B/Black Music aus den 90ern); viele Hintern am Shaken.

Am Sonntag haben wir versucht, die Abgase aus unseren Lungen zu bekommen, indem wir durch den Karura Forest gewandert sind.
The Caves

Feigen am Baum

Waterfalls

Insgesamt ein entspanntes Wochenende...

Donnerstag, 21. April 2016

Dritte Woche - Nairobi Mathare Valley Slum

Die dritte Woche ist nun vergangen und die Zeit rast an einem vorbei. Ich fühle mich immer wohler hier, man gehört immer mehr dazu. Mittlerweile läuft man durch die Baraka mit dem Gefühl, Mitarbeiter zu sein. Anfangs fühlte ich mich noch mehr wie ein Gast, der sich vorsichtig in den Räumlichkeiten umsah. Der Umgang mit den Leuten wird lockerer - sowohl mit den Mitarbeitern als auch mit den Patienten.

Bei den Patienten kann ich mittlerweile sagen, schätze ich es sehr, dass sie das Vorgehen des Arztes hier gern annehmen und zufrieden sind mit den Entscheidungen, die getroffen werden. Verglichen mit der Erwartungshaltung in Deutschland, wird man hier nicht zu Diagnostik oder Therapie gezwungen, wenn man es nicht als sinnvoll erachtet. Ganz hoch anrechnen muss ich hier den Eltern, dass sie ruhig bleiben, wenn ihre Kinder untersucht werden, und nicht hektisch werden, wenn das Kind nicht mitmachen möchte. In Deutschland leiden die Eltern oft ganz arg mit, wenn das Kind mal schreit. Es wird panisch versucht, das Kind abzulenken oder gar zu erheitern, in dem hektisch mit dem Schlüsselbund vor der Nase des Arztes gewedelt wird oder irgendwelche Smartphonegeschichten präsentiert, die das Kind in dem Moment meist nur ganz am Rande interessieren. Liebe Eltern, bewahrt einfach mal 2 Minuten Ruhe, wenn das Kind untersucht wird, und bietet einfach nur Vertrauen und Sicherheit, statt im Untersuchungszimmer abzudrehen. Hier schaffen sie es ganz gelassen einwandfrei, und trotzdem kann man sicher sein, dass sie ihre Kinder ganz doll lieb haben.


Wieder einiges an Skabies

Kinderkrankheiten
Windpocken

Mumps

Läuft seit 2 Wochen mit Fieber und Schmerzen/Schwellung am Bein herum. Im Labor erhöhte Leukos und BSG, in der Sono und im Röntgen am ehesten Weichteilinfekt (Fasziitis/Pyomyositis).

Vor 2 Monaten gestürzt, nichts gemacht; jetzt Fieber und Schmerzen...

... im Röntgen eine ausgeprägte Osteomyelitis

Aufgetriebe Handgelenke im Rahmen einer Rachitis (Vitamin D Mangel)?

Viele Kinder mit einem niedrigen Hb, die von der Hautfarbe her gar nicht auffallen, aber sehr helle Konjunktiven und Handflächen haben. In der Ursachenforschung wird nach einer Sichelzellanämie geschaut. Falls negativ, wird mit Eisen angefangen. Der bisher niedrigste Hb war bisher 4,0 g/dl. In Deutschland oft Grund zur Einweisung und Bluttransfusion. Dem Kind ging es aber gut, weil es adaptiert war, so dass es jetzt erst einmal Eisen erhält (Sichzellen ausgeschlossen), und sich im Verlauf wieder vorstellt.

Stationäre Einweisungen
Auch hier gibt es "banale Gründe" für eine stationäre Aufnahme, wie zum Beispiel Exsikkose bei Gastroenteritis.


3-monatiges Kind mit hohem Fieber in schlechtem Allgemeinzustand. Fällt das Stichwort "upcountry", muss es eigentlich Malaria sein. (In Nairobi gibt es so gut wie keine Malaria. Kommen die Patienten jedoch zum Beispiel aus dem Gebiet von Westkenia, muss man sehr wohl daran denken.)

Im Labor kann man nach Malaria suchen.

Im "dicken Tropfen" sieht man die Plasmodien, welche durch Mücken übertragen werden können und die Erkrankung Malaria verursachen.

Die Thrombozytopenie (um 50.000/µl) hat bisher tatsächlich auch immer mit einer Malaria korreliert.

Auf dem Weg zum Training

Wellness mal anders. Bei Stromausfall wird bei Kerzenlicht geduscht.